Das Risiko eines postnatalen Mutter-Burnouts wird häufig unterschätzt, sowohl von der Mutter selbst als auch vom Vater und von den Angehörigen. Sehen wir uns gemeinsam an, wie man sich als werdende Eltern besser vorbereiten kann.

 

Das Mutter-Burnout nach der Entbindung: Worum handelt es sich dabei?

Selbst wenn eine Frau bereits Kinder hat, stellt das Mutterwerden jedes Mal eine neue Erfahrung dar. Sie kann zu einem Mutter-Burnout führen. Dieser Begriff ist kein Synonym für bloße körperliche Müdigkeit oder eine lärmende Umgebung. Es handelt sich um einen physiologischen, psychischen und emotionalen Erschöpfungszustand, der sich schleichend einstellt und chronisch wird. Und genau darin besteht der Unterschied zum Baby-Blues und der postpartalen Depression, die von kürzerer Dauer sind.

Das Mutter-Burnout kann heftig, schwerwiegend und langanhaltend sein. Körperlich äußert es sich durch Schlafstörungen, Verdauungsprobleme, Schmerzen unterschiedlicher Art, chronische Müdigkeit… Das hat Auswirkungen auf die psychische Verfassung. Weinen, Intoleranz, Gereiztheit, Gleichgültigkeit gegenüber schwierigen Situationen, die bis zur Ignoranz gehen kann.

Häufig verliert sich die Mutter in ihren Ängsten und weiß nicht, was sie tun soll, um sich wieder zu sammeln und die notwendige Energie und einen ihr entsprechenden Rhythmus zurückzugewinnen.

 

Handelt es sich um eine vorübergehende Phase oder eher um eine Krankheit?

Es handelt sich nicht um eine Krankheit, sondern um eine physiologischen Zustand, der sich verselbständigt und mit dem der Vater und die Angehörigen ebenso konfrontiert sind wie die Mutter selbst. Wenn das Mutter-Burnout nach der Entbindung rasch erkannt wird, kann seine Dauer verkürzt werden. Andernfalls kann es monatelang oder sogar jahrelang anhalten und sich auf zahlreiche Lebensbereiche, wie z. B. das Berufs-, Ehe- oder Familienleben auswirken.

Körper und Geist der Mutter werden vollständig von der Mutterrolle beherrscht. Das kann die Mutter so sehr belasten, dass sie ihr Erleben für nicht normal oder krankhaft hält.

 

Ist es möglich, dem Mutter-Burnout vorzubeugen oder ist es ein untrennbarer Bestandteil der postnatalen Phase?

Burnout ist kein unabwendbares Schicksal, und jede junge Mutter hat die Möglichkeit, ihm zu entkommen. Häufig stellt Ruhe die erste Lösung dar. Nach einigen Wochen wollen die Mütter sich wieder Zeit für sich selbst nehmen, und dieser Umstand zwingt sie, an mehreren Fronten gleichzeitig zu kämpfen. Dem gesellschaftlichen Druck standhalten, die frühere Figur zurückgewinnen, die ehelichen, familiären, beruflichen Beziehungen wieder in Ordnung bringen und natürlich die Mutterrolle meisterhaft bewältigen.

Wenn die Mutter dabei nicht unterstützt wird, ist das Burnout-Risiko hoch. 10 bis 15 % der Frauen haben Probleme dieser Art, und mitunter bewirken sie Situationen, die zu Depression oder sogar zum Suizid führen.

 

Können auch Väter nach der Ankunft des Babys von Burnout betroffen sein?

Auch Väter können betroffen sein. Ab der Rückkehr nach Hause werden ihre Gewohnheiten in Frage gestellt. Viele Väter nehmen nach der Entlassung aus der Entbindungsklinik keinen Urlaub und laufen Gefahr, schnell zu ermüden. Sie müssen Berufstätigkeit und Unterstützung der Mama miteinander vereinbaren. Sehr bald sind sie nachts nicht mehr für die Mutter da, was deren vorzeitige Erschöpfung begünstigt. Die Väter erfüllen nicht nur eine logistische Aufgabe, die in der Unterstützung der Mutter besteht, sondern sie sind gleichzeitig mit der Suche nach ihrem neuen Platz beschäftigt. Was sie durchmachen, wird deutlich unterschätzt. Die Gesprächsgruppen für Väter bieten einen Rahmen, in dem sie ausdrücken können, was sie zu Hause nicht zu sagen wagen.

 

Wie kann das Burnout der jungen Mama bewältigt werden, wenn bereits ältere Kinder da sind?

Häufig führt dieser Umstand zu Schuldgefühlen bei der Mutter. Es gibt keine Patentlösungen. Die beste Strategie besteht in der frühzeitigen Planung der Rückkehr nach Hause durch Einbeziehung von Bekannten, Angehörigen oder Freunden, die die Mutter zeitweise entlasten können. Der Vater ist selbstverständlich der erste Ansprechpartner, sofern er dazu in der Lage ist.

 

Was wird zu Vorbeugung bzw. Bekämpfung dieses Burnouts empfohlen?

Die Zeit nach der Geburt wird nicht ausreichend vorbereitet, und vor allem rechnet niemand mit dem Mutter-Burnout. Deshalb ist notwendig, den Mamas im Voraus zu sagen, dass sie sich auf das Chaos der ersten 40 Tage oder sogar der ersten 4 Monate nach der Geburt einstellen müssen. In erster Linie ist es Aufgabe der Entbindungsklinik, über das potenzielle Risiko des Mutter-Burnouts aufzuklären.

Anschließend ist die Aufmerksamkeit jeder Mama und jedes Papas gefragt. Wenn sie die von uns erläuterten Anzeichen, wie Müdigkeit, Schlaflosigkeit, Schmerzen, Reizbarkeit, Depression usw. erkennen, wird Folgendes empfohlen:

  • Mit jeder Vertrauensperson, mit dem Ehepartner, mit Angehörigen und Freunden darüber sprechen. Das ist der erste Schritt, um Schuldgefühle, Scham und mangelndes Selbstvertrauen zu überwinden.
  • Ziehen Sie sich nicht zurück, reden Sie darüber mit anderen Müttern oder in Gesprächsgruppen, Vereinen usw.
  • Ihr Arzt ist Ihr wichtigster Verbündeter. Er kann Ihnen gegebenenfalls weitere Spezialisten vermitteln.
  • Nehmen Sie jede Hilfe an. Lassen Sie Ihre Kinder von Ihren Eltern oder von Bekannten beaufsichtigen, während Sie einkaufen gehen oder einen Abend mit Freunden verbringen. Ihre Kinder werden das überstehen. Ruhen Sie sich aus!
  • Entspannen Sie sich, befreien Sie sich von dem gesellschaftlichen Druck, der Ihnen einredet, dass Sie eine ideale Figur haben oder eine perfekte Mutter sein müssen.

 

Welche Rolle spielen Angehörige und Freunde?

Nach der Geburt wollen sich alle um das Baby kümmern, doch es gilt, die Mutter von allem zu entlasten, abgesehen vom Baby. Angehörige und Freunde können eine Unterstützung praktischer und logistischer Art leisten. Der Vater ist in erster Linie gefragt, da er für die Mutter eine psychische Stütze darstellt. Wenn er nicht genug Zeit hat, ist es hilfreich, möglichst vor der Geburt weitere Ansprechpartner zu bestimmen. Diese Personen können dem Familien- oder Freundeskreis angehören oder aus der Nachbarschaft stammen.

Gleichzeitig ist es wichtig, zu erkennen, welche Besucher eine zusätzliche Last für die Mutter darstellen, ohne sich dessen bewusst zu sein. Diese Personen könnten sich durch praktische Unterstützung, die die Mutter entlastet, sehr nützlich machen.

 

Besteht bei der Wiederaufnahme der Arbeit nach der Elternzeit ebenfalls ein Burnout-Risiko?

Ja. Bei der Wiederaufnahme der Berufstätigkeit benötigt die Mutter mindestens 4 Monate, um sich ihre berufliche Funktion wieder anzueignen und zu einem normalen Rhythmus zurückzufinden. Eine australische Studie mit dem Titel „Longitudinal Change in Sleep and Daytime Sleepiness in Postpartum Women“, die im Juli 2014 veröffentlicht wurde, kam zu der Schlussfolgerung, dass 50 % der Mütter bei der Wiederaufnahme ihrer Arbeit von starker Schläfrigkeit betroffen sind. Die Studie betont, dass diese Frauen ein erhöhtes Risiko aufweisen, ein postnatales Mutter-Burnout zu entwickeln.

Ein Baby auf die Welt zu bringen und sich um es zu kümmern, ist anstrengend, selbst mit einer scheinbar ausreichenden Schlafdauer.

 

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