Definitionen
Wenn bei einer Frau während der Schwangerschaft ein erhöhter Blutzuckerwert gemessen wird, spricht man von „Schwangerschaftsdiabetes“ oder „Gestationsdiabetes“.
In selteneren Fällen kann es während der Schwangerschaft zu ersten Anzeichen eines Typ-1-Diabetes oder Typ-2-Diabetes kommen.
Bei Frauen, die einen Schwangerschaftsdiabetes entwickelt haben, normalisiert sich der Zuckerstoffwechsel nach der Entbindung, und die Störung verschwindet.
Welche Ursachen hat der Schwangerschaftsdiabetes?
Verschiedene Schwangerschaftshormone (Cortisol, Östrogen, Progesteron, Prolaktin, humanes Plazentalaktogen) bewirken einen Anstieg der Zuckerwerte im Blut und können eine Insulinresistenz auslösen.
Diese Störung des Zuckerstoffwechsels kann bei jeder schwangeren Frau auftreten. Folgende Faktoren tragen jedoch zu einem erhöhten Schwangerschaftsdiabetes-Risiko bei:
- Übergewicht oder Adipositas, insbesondere ein Body Mass Index (BMI) von über 27 oder eine extreme Gewichtszunahme während der Schwangerschaft
- Schwangerschaft nach dem 30. Lebensjahr
- Typ-2-Diabetes in der Familie
- mehrere Aborte mit ungeklärter Ursache, Entbindung eines Kindes mit einem Geburtsgewicht von über 4,5 kg oder eine Schwangerschaftsdiabetes-Behandlung in der Vorgeschichte
Wie wird Schwangerschaftsdiabetes erkannt?
Jede schwangere Frau muss sich zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche einem Test unterziehen.
Bei ungefähr jeder 9. Frau fällt der Schwangerschaftsdiabetes-Test positiv aus.
Der „orale Glukosetoleranztest“ erfolgt mithilfe einer genormten Lösung, die 75 g Glukose pro 300 ml Wasser enthält. Diese Mischung muss auf nüchternen Magen zügig getrunken werden (idealerweise innerhalb von 5 Minuten). Während der gesamten Testdauer muss sich die Frau in Ruhe befinden.
Der Blutzuckerwert wird anhand des venösen Blutes ermittelt. Er sollte vor dem Test unter 92 mg/dl liegen, nach einer Stunde weniger als 180 mg/dl betragen und zwei Stunden nach Testbeginn unter 153 mg/dl liegen.
Welche Symptome treten bei Schwangerschaftsdiabetes auf?
Die meisten Frauen weisen fast keine wahrnehmbaren Symptome auf, sodass sie die Auswirkungen des erhöhten Blutzuckerwertes nicht bemerken. Bei wenigen Frauen kommt es zu einem trockenen Mund oder einem erhöhten Durstgefühl. Manche schwangere Frauen weisen einen erhöhten Blutdruck auf, der von einer Fruchtwasserverringerung (Oligohydramnion) begleitet wird.
Gelegentlich kann Glukose im Urin nachgewiesen werden. Dies kann ebenfalls das Risiko einer Harnblasenentzündung (Zystitis) oder einer Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis, siehe Glossar) erhöhen.
Welche Behandlung erhalte ich, wenn mein Test positiv ausfällt?
Wenn Ihr Test positiv ausgefallen ist, müssen Sie mehrmals täglich Ihren Blutzuckerwert bestimmen. Es wird empfohlen, den Blutzuckerwert idealerweise morgens in nüchternem Zustand, sowie vor und zwei Stunden nach jeder Mahlzeit zu messen.
Die Behandlung des Schwangerschaftsdiabetes besteht hauptsächlich in einer Umstellung der Ernährung. Zuckerhaltige Produkte und schnell resorbierbare Kohlenhydrate (z. B. Weißmehl) sollten gemieden bzw. durch Vollkornprodukte ersetzt werden.
Körperliche Betätigung kann ebenfalls den Blutzuckerwert senken.
Eine medikamentöse Behandlung ist eher selten erforderlich. In leichten Fällen können Tabletten verordnet werden, doch meistens wird eine Insulintherapie eingeleitet.
Bestehen Risiken für das Kind?
Während der Schwangerschaft
Sehr selten kommt es zu einer ungleichmäßigen Entwicklung der Plazenta, die zu einer unzureichenden Ernährung des Fötus führt, was unter Umständen eine Schädigung der Organe des ungeborenen Kindes sowie ein erhöhtes Frühgeburtsrisiko bewirken kann.
Beim ungeborenen Kind kann die Erhöhung des Blutzuckerwertes zu Wachstumsverzögerung oder zu einer schnellen Gewichtszunahme führen.
Während der Geburt
Die Kinder sind häufig schwerer und größer, was die Entbindung erschweren kann.
Nach der Geburt
Es besteht ein höheres Risiko eines Ikterus prolongatus (verlängerte Gelbsucht, siehe Glossar) sowie eines Calciummangels. Die Neugeborenen können unterzuckert sein, was zu neurologischen Komplikationen führen kann.
Außerdem weisen die Kinder ein erhöhtes Risiko auf, im späteren Leben eine Adipositas zu entwickeln oder an Diabetes mellitus zu erkranken.
Risiken für die Mutter
Schwangere Frauen mit erhöhtem Blutzuckerwert sind anfälliger für Harnwegsinfekte, Bluthochdruck oder Präeklampsie (Glossar). Außerdem ist die Wahrscheinlichkeit einer Entbindung durch Kaiserschnitt höher.
Die Überprüfung des Blutzuckerwertes sollte während der ersten Tage nach der Entbindung fortgesetzt werden. In den meisten Fällen normalisiert sich der Blutzuckerwert und erreicht den Normalwert.
Bei jeder zweiten Mutter besteht bei einer weiteren Schwangerschaft das Risiko, erneut einen Schwangerschaftsdiabetes zu entwickeln. Das Risiko, innerhalb der folgenden 10 Jahre an Typ-2-Diabetes zu erkranken, ist ebenfalls erhöht.
Wenn die Mutter ihr Kind mehrere Monate lang stillt, sich weiterhin ausgewogen ernährt und eine körperliche Betätigung pflegt, ist dieses Risiko geringer.
Ein regelmäßiger Glukosetoleranztest nach der Geburt wird deshalb empfohlen.
Glossar
- Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis): Eine bakterielle Infektion der Niere
- Ikterus: Gelbfärbung der Haut, der Bindehaut und sonstiger Gewebe, die auf den Anstieg der Bilirubinkonzentration im Blut zurückzuführen ist
- Präeklampsie: Eine häufige Schwangerschaftserkrankung, die sich in Bluthochdruck und einer erhöhten Proteinausscheidung über den Urin äußert